Connection: "Wie erschaffen wir den Himmel?" (2006)

  Nachgefragt

„Wie erschaffen wir den Himmel?"

 

Das Paradies haben wir verloren, weil wir gesündigt haben; nie wieder werden wir dorthin zurückkehren können, denn ein Engel mit flammendem Schwert bewacht das Tor - sagt die christliche Mythologie. Immer weniger Menschen glauben das und finden sich damit ab. Sie pfeifen auf ein Jenseits und wollen hier und heute das Paradies erschaffen, den ‚Himmel auf der Erde', die durchaus kein Jammertal zu sein braucht, für uns und unsere Nachkommen. Wir befragten Menschen, die das versuchen, darunter auch Buddhisten, deren erste ‚Edle Wahrheit' doch lautet: Das Leben ist Leiden.

Paradies ist nicht genug. Wer träumt nicht von dem Land, in dem uns die gebratenen Tauben in den offenen Mund fliegen, in dem Milch und Honig fließen und überhaupt alles so ist, wie wir es ersehnen? Alle wollen es! Alle? Wenigstens einige Buddhisten sagen ein entschiedenes Nein zu dieser so verlockend erscheinenden Vorstellung. Aber nicht, weil sie zu asketisch sind. Sie wollen mehr, das Paradies ist ihnen nicht genug.
Sicher, viele spirituelle Traditionen und auch die buddhistische zeigt einen Weg zu materiellem Wohl, Freude und sinnlichem Genuss. In dieser Welt und im „Jenseits". Und das empfohlene Grundrezept dafür klingt eigentlich recht einfach: handele „göttlich" und du wirst über kurz oder lang im „Himmel" leben. Sei uneingeschränkt gebefreudig und die Welt wird sich dir gegenüber überaus großzügig zeigen. Baue mit am Paradies und du wirst es erleben. Doch dummerweise wird man aus dem Paradies immer wieder vertrieben. Besser gesagt, wir selbst verderben uns aus Eitelkeit oder Dummheit das schöne Spiel immer wieder und müssen in die nächste Runde des Hoffens und Suchens.
Schlimmer noch: Im Paradies sehen wir jedes Verlangen erfüllt, aber das Verlangen selbst gibt nie Ruhe, so sehr wir uns auch Mühe geben. Ein befriedigter Wunsch gebiert nämlich zwei neue. Deshalb ist es am Ende gar nicht der Mühe wert, sich ein Schlaraffenland zu schaffen. Es wird uns doch nie genügen. Sich alle Wünsche zu erfüllen, ist eine Form von Glück - Allerweltsglück eben. Wunschlos zu sein dagegen ein ganz anderes - Glück der Freiheit und viel mehr als das Paradies.


 
Frage von Sugata W. Schneider
erschienen in Connection Spirit.
Die Zeitschrift für das Wesentliche, Nr. 7-8/2006


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